Katharina Hinsberg

Katharina Hinsberg (*1967) ist eine Künstlerin, die die Grenzen der Zeichnung in den vergangenen Jahren mit bemerkenswerter Konsequenz überschritten, wenn nicht gar verschoben hat. Sie arbeitet auf Papier. Vor allem aber arbeitet sie mit dem Papier. Die Werkgruppe mit dem Titel Diaspern etwa enthält die Werkangabe ›Graphit auf Papier, ausgeschnitten‹. Auf dem 180 x 150 cm messenden Blatt sucht man vergeblich nach Spuren von Graphit. Denn die Künstlerin hat sie entfernt. In einem ersten Schritt setzt sie mit Graphitstift Linien auf das Blatt, die wie vertikale Girlanden in unterschiedlicher Dichte von der oberen bis zur unteren Bildkante verlaufen. Anschließend schneidet sie eine Linie nach der anderen aus, jeder Strich avanciert zur Leerstelle, die nur noch auf den ursprünglichen Graphitstrich verweist. Die Zeichnung ist also weg, bleibt aber als perforierte Spur erhalten. Diese Werkgruppe bezieht sich auf eine 24-teilige, wandfüllende Arbeit, die Katharina Hinsberg 2002 im Rahmen einer Ausstellung im Museum Schloss Hardenberg Velbert-Neviges realisierte. »Hors-Champ« hieß diese Einzelausstellung der Künstlerin – ein Begriff, der ein Phänomen bezeichnet, das außerhalb des Bildfeldes liegt, also nur als Verweis existiert. In diesem Zusammenhang erklärt Katharina Hinsberg: »Ein Feld wird bezeichnet, indem sein Außerhalb angegeben wird. Aber indem ich es ausspare, seine Abwesenheit markiere, ist es schon anwesend.« Hinsberg markiert also die Abwesenheit der Graphitspuren und macht gleichzeitig darauf aufmerksam, dass das Ergebnis nicht etwa Nichts ist, sondern eine Spur, die – analog zu den ursprünglichen Graphitspuren – nach wie vor etwas bezeichnet. Die Subtraktion eines Wertes um sich selbst ist also in Katharina Hinsbergs Zeichnungen kein Nullsummenspiel, sondern sie ist eine Bereicherung für die Genese und Rezeption von Zeichnung gleichermaßen.