Fries, Friktionen

Handzeichnung, in den Putz gefräst
665 × 575 × 534 cm
MikrotribologieCentrum Karlsruhe

1. Preis Kunst am Bau, μTC  Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik

Die Tribologie befasst sich mit der wissenschaftlichen Beschreibung von Reibung, der Berechnung und Messung von Reibungskoeffizienten, dem Verschleiß und der erforderlichen Schmierung zwischen aufeinander einwirkenden, in Relativbewegung befindlichen Oberflächen. Die Mikrotribologie erforscht diese tribologischen Elementarprozesse, ihre Modellierung und die Simulation des resultierenden Systemverhaltens. Das MikrotribologieCentrum Karlsruhe untersucht mit experimentellen und numerischen Methoden die grundlegenden Zusammenhänge und erarbeitet Lösungen, mit denen Reibung und Verschleiß eingestellt werden können.

In Analogie zum Forschungsbereich des Institutes entstand im Foyer des Gebäudes eine Wandzeichnung, Fries, Friktionen, durch Verfahren des Abriebs und des Schleifens. Meine Fingerspitzen wurden dafür mit Kappen aus Wachsfarbe präpariert. So umschlossen die Hände keinen Stift, sondern blieben offen und konnten selbst zum Zeichenwerkzeug werden. Damit zeichnete ich direkt auf die Wand und jede Berührung der Finger hinterließ eine immediate Spur des Farbabriebs.

Den technologisch komplexen Forschungsvorgängen des Institutes, im unfasslich kleinen Mikrobereich, werden mit diesem manuellen Vorgehen zeitlich und dimensional begreifbare Maßstäbe des handelnden, zeichenschaffenden Menschen physisch gegenübergestellt. Diese Spuren bezeugen eine leibliche Präsenz und zitieren und verkörpern grundlegende Gesten des Erfassens und Begreifens.

Diese Spuren des Abriebs auf der Oberfläche wurden dann mit einem kleinen Schleifkopf abgeschliffen und damit zugleich der Wand de facto eingraviert. Das Schleifen folgte den Eigenheiten der Linien, diese bestimmten Tiefe und Breite der Schleifrillen. Mit der maschinellen Entfernung der manuellen Spuren erfuhr die individuelle Setzung der Zeichnung eine Transformation. Die Linienzüge wurden entfernt und zugleich, als Gravur, in ihr prägnantes Abbild überführt. Form, Abrieb und Haltung des Schleifkopfs und die Umdrehungen der Schleifmaschine formulierten die Ausprägung der Rillen im Aufputz der Wand. Indem sich das Werk auf diese Weise direkt dem Baukörper einschrieb wurde auch das Verfahren des Schleifens selbst gestaltgebend.

So wohnt die Zeichnung jetzt als Relief dem Baukörper inne. Sie ist, als entfernte Spur, präsent und abwesend zugleich. Mit wechselndem Lichteinfall zeigt sich der kurvende Zug der Rillen auf der hellen Wand sehr zart. Je nach Richtung und Blickwinkel taucht er daraus auf, differenziert und verliert sich wieder.