umeinander

Textilbänder, je 15,50 Meter lang, Motor
Rotordurchmesser 300cm
Kleiner Schlosshof, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Bewegung ist ein wesentlicher Aspekt des Zeichenprozesses den ich durch einen Motor verselbständige.
Unter dem Membrandach im kleinen Schlosshof des Staatlichen Kunstsammlungen Dresden hängen zwei schmale, leichte Textilbänder. Sie sind an einer rotierenden Stange befestigt und setzen die Bewegungen des Motors in Schwüngen und Drehungen im Luftraum fort. Sie geben Figuren an, die durch die Bänder laufen, sich in den Raum bewegen und an ihren Enden ausschwingen. Es entsteht eine Art Zeichnung, die ihren Verlauf kontinuierlich erneuert, als entstehendes und zugleich vergehendes dreidimensionales Objekt, als Bewegung die sich selbst verschlingt, andauernd anfängt und zugleich ausläuft.

Die Bänder sind über 15 Meter lang, die wechselnden Richtungen und Geschwindigkeiten der Rotation verändern die Kurven und kreiselnden Linien. Mit zunehmender Geschwindigkeit ziehen sich die Bänder nach oben, werden durch die Fliehkraft breiter, oder fallen, beim Stoppen des Motors, in sich zusammen, um sich mit neuem Schwung wieder zu Luftschrauben, vis centrifuga, zu verdrehen Der Motor wird so gesteuert, dass sich Drehrichtung und Geschwindigkeit immer wieder verändern und in größeren Zyklen wiederholen, ohne dass dabei Muster ihrer Wiederholung erkennbar werden.

Beide Bänder sind in farbige Abschnitte unterteilt, deren Farben wechselständig alternieren, sodass über die gleiche Farbe (Rot) zwischen beiden Bändern eine Kontinuität hergestellt wird. Beide Bänder, eins ums andere, umkreisen einander, folgen und entziehen sich. Caccia e fuga, wie im Kanon, bei dem sich einzelne Stimmen, zueinander versetzt, wiederholen und theoretisch endlos umkreisen können. Die Bänder wirbeln synchron umeinander, mit kleinen flatternden Differenzen. Man kann diese Bänder als Linien sehen, aber sie beschreiben, als lineare, kreiselnde Elemente, ein rotierendes System, das sich selbst erzeugt: einen wirbelnden, zylindrischen Raum, nach allen Seiten offen und durchlässig.

Wenn man den Schlosshof betritt, wird diese Bewegung, weit oben unter der Kuppel, zunächst vielleicht nur als periphere Irritation wahrgenommen, oder als bewegter Schatten, der sich – je nach Sonnenstand – zusammen mit der Gitterstruktur des Daches auf dem Boden und den Wänden des Hofes abzeichnet. Im Innenhof, der auch Warteraum ist, bekommt die Erwartung, die Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher eine neue Richtung, während sich die Bänder kontinuierlich um sich selbst drehen.

Dem Element der Bewegung setze ich ein statisches Ensemble von Messingkugeln entgegen, die ebenfalls von der Kuppel hängen und die sich auf die Abschlusskugeln auf den beiden Türmchen im Schlosshof beziehen. Je nach Standort und Perspektive der BetrachterInnen fügen sich die Kugeln als Punkte zu bestimmten Konstellationen.

Das Publikum ist eingeladen, im kleinen Schlosshof mit gleichen Textilbändern zu agieren. Das eigene Ausprobieren und Experimentieren verschafft den Akteurinnen und Akteuren eine temporäre Sichtbarkeit und ist die einladende Möglichkeit der Teilhabe, korrespondierend mit den Bewegungen unter dem Kuppeldach oder denen anderer BesucherInnen mit ihren Bändern.